... noch'n Sketch - 2006
Eigentlich kennt der Zuschauer alle diese kleinen „Dramen", die nie länger als 5 Minuten dauern. Damit sind sie dem biologischen Rhythmus von Menschen und weißen Mäusen angepasst so Vicco von Bülow alias Loriot. Er ist ein scharfsinniger und entlarvender Beobachter, präzise wie ein Seismograph registriert er das Komische in realen, völlig alltäglichen Situationen. Doch plötzlich gerät, bedingt durch irgendein kleines Missgeschick, eine unmerkliche menschliche Schwäche, eine winzige Verzerrung das Alltägliche zur Groteske. Natürlich gehören dazu Highlights wie „Der Lottogewinner", dieser arme Hund, der nach der 10. Einstellung der Kamera die Boutique mit dem Papst in Wuppertal eröffnen will. Die Gattin macht ihr Jodeldiplom. Herr Müller-Lüdenscheidt und Dr. Klöbner sitzen in der Badewanne. Und damit steht das Fazit fest: Die Ente bleibt draußen! Natürlich kennt der wahre Fan die Loriot‘schen Sketche in- und auswendig. Das tut dem Amüsement jedoch keinen Abbruch. Selbst nach dutzendfachem Konsum kann man sich das Lachen nicht verkneifen. Loriot straft alle Lügen, die behaupten, es gäbe keinen deutschen Humor. Komik des Alltags - vom Fernsehschirm auf die Bühne versetzt.
Mitwirkende
Feuergeben Hansi Engels, Ulla Schürmann
Skat Herbert Schroers, Hansi Engels, Jo Steinbis, Ulla Schürmann
Garderobe Klaus Ramakers, Ingrid Schmitz
Kosakenzipfel Hansi Engels, Jo Steinbis, Rita Bauer, Ingrid Schmitz, Ulla Schürmann
Das Wahlplakat Klaus Ramakers, Christa Korschefsky, Manfred Schmitz
Fernsehabend Herbert Schroers, Christa Korschefsky
An der Opernkasse Hansi Engels, Jo Steinbis, Christa Korschefsky, Ulla Schürmann, Liza Zillmer, Herbert Schroers
Herrn im Bad Hansi Engels, Jo Steinbis, Manfred Schmitz
Die Jodelschule Herbert Schroers, Hansi Engels, Jo Steinbis, Rita Bauer, Christa Korschefsky, Liza Zillmer, Ulla Schürmann
Das Ei Herbert Schroers, Hansi Engels
Feierabend Jo Steinbis, Rita Bauer
Der Lottogewinner Bernd Bausen, Helmut Zilliken, Rita Bauer, Ingrid Schmitz, Christa Korschefsky
Schmeckt's Liza Zillmer, Herbert Schroers, Hansi Engels, Jo Steinbis, Bernd Bausen, Helmut Zilliken, Manfred Schmitz, Klaus Ramakers, Rita Bauer, Ingrid Schmitz, Christa Korschefsky, Ulla Schürmann, Marianne Ramakers
Pressestimmen
13 Mini-Dramen auf dem Programm
Gillbachbühne in bester Loriot-Laune
In gewisser Hinsicht war es natürlich ein Wagnis: In den bisher 20 Jahren ihres Bestehens auf Boulevard-Komödien abonniert und beim Publikum damit stets bestens gefahren, präsentierte die Gillbachbühne diesmal Loriot. Die Gillbachbühne spielt in ihrer 20. Spielzeit in der Turnhalle Sketche von Loriot, vom Publikum dankbar aufgenommen und mit viel Beifall bedacht.
Unter dem Titel „...noch’n Sketch“ standen 13 Mini-Dramen des Großmeisters des Humors auf dem Programm. Mögen Skeptiker zunächst in Loriotscher Manier mit einem mokanten „Ach“ reagiert haben, dürfte sie die rundum gelungene Inszenierung, die jetzt Premiere hatte, wirksam ruhig gestellt haben.
Gelegenheit, sich aus eigenem Augenschein zu überzeugen, dass das Experiment , diesmal ganz auf pointierte Dialoge zu setzen, erfolgreich verlaufen ist, haben diejenigen, die Karten für die beiden noch ausstehenden Vorstellungen besitzen. Beginnen werden sie am kommenden Freitag um 20 Uhr sowie am Samstag um 19 Uhr.
Eine Imitation Loriots war ohnehin nicht beabsichtigt, wie Regisseur Helmut Schmitz und Bühnenchef Herbert Schroers schon vorab deutlich gemacht hatten, und die Texte selbst sind halt nicht davon abhängig, dass sie unbedingt von ihrem Autor selbst gesprochen werden müssen. Zur geflissentlichen Benutzung für die Bühne lädt nicht zuletzt der Umstand ein, dass Loriots dramatische Werke seit Jahr und Tag in Buchform vorliegen, wobei sich sämtliche 13 von der Gillbachbühne gespielten Sketche in dem Sammelband „Das Frühstücksei“ finden, der 2003 anlässlich von Loriots 80.Geburtstag erschien.
In der mittlerweile zum zehnten Mal zum Theatersaal umfunktionierten Turnhalle gab es ein Wiedersehen mit alten Bekannten, deren Treiben sich auch in veränderter Besetzung zum 30. oder 40. Mal mit unvermindertem Vergnügen zuschauen lässt.
Dr.Klöbner und Herr Müller-Lüdenscheidt - diesmal nicht als Zeichentrickfiguren, sondern von Manfred Schmitz und Hansi Engels dargestellt - gaben sich ebenso ein Stelldichein wie der bei den insgesamt fünf Aufführungen sowohl von Bernd Bausen als auch von Helmut Zilliken gespielte Erwin Lindemann, dessen Tochter im Herbst mit dem Papst eine Herren-Boutique in Wuppertal eröffnet.
Viele, wenn nicht die meisten Sketche Loriots illustrieren die gern verborgene Erkenntnis, dass die Zivilisation halt doch nur einen dünnen Firnis bildet, unter dem nicht selten der blanke Unsinn sein Unwesen treibt. Geradezu klassisch demonstriert wird dies beim Streit um den „Kosakenzipfel“ , aber auch die beiden „Herren im Bad“ mit ihrem Scharmützel um die Plastikente sind ein überaus beweiskräftiges Exempel.
Die Versklavung durch den Fernseher ist auch dadurch kaum zu lockern, dass die Glotze kaputt ist: Zu Bett gegangen wird nach den Spätnachrichten, denn wer lässt sich schließlich schon von einem defekten Gerät seine Gewohnheiten vorschreiben. Eine Sparmaßnahme, auf die Politiker aus unerfindlichen Gründen bislang noch nicht verfallen sind, hat Loriot mit dem wohl schon in den 70-er Jahren entstandenen „Wahlplakat“ vorgeschlagen.
Für die jeweiligen Parolen reicht eigentlich ein einziger, je nach Bedarf gestylter, Aufsager , der dann anschließend auch gleich die Wurst-Werbung mit erledigen kann. Zum 20. Geburtstag der Gillbachbühne sollten so viele Schauspieler wie möglich zum Einsatz kommen und die bestellte „Kalbshaxe Florida“ bietet im abschließenden Sketch „Schmeckt’s?“ allen 14 Darstellern sogar die Möglichkeit zum gemeinsamen Auftritt. (S.M.)
[Quelle: NGZ-Online]